LA ARMADA ROJA (Dominican Republic)


Zunächst, stell dich doch bitte vor.

Hallo an alle Leute in Deutschland, ich bin Manilo der Bassist von LA ARMADA ROJA

Was waren für euch die Gründe ein Punk/Hardcore Band zu gründen?

Wir wollten schon immer eine Punkband gründen, identifizierten uns aber nicht mit dem melodischen Punk, der in Santo Domingo gespielt wird. Aus irgend einem Grund passte eben Hardcore/Punk perferkt zu uns. Die Aggression, die Energie und die Philosophie des DIY, die durch Hardcore und Punk betrieben werden, war das, was uns in diese Subkultur hineinzog.

Woher wusstet ihr über Punk/Hardcore? Und welches waren eure großten Einflüsse?

Es war natürlich sehr schwer in Santo Domingo Musik der Richtung HC/Punk zu finden. Die Tatsache, dass wir auf einer dritte Welt Insel leben, behinderte den Fluss an Ideen und Subkultur erheblich in den Zeiten, als das Internet noch nicht existierte und abzuwarten, dass irgendjemand nach Spanien oder in die USA die einzige Möglichkeit war an Material zu gelangen.
Ich glaube wir alle stimmen darin überein, dass die Band, die uns am meisten beeinflusst hat La Polla Records waren. Schliesslich sind wir aufgewachsen während wir ihre Songs anhörten. Innerhalb der Punk/Hardcore Szene hörten wir allerdings auch Bands wie No Demuestra Interes, Los Crudos, Union 13, Sin Dios, Minor Threat und viele andere.

Der Sound deiner Band ist wirklich ausgesprochen gut. Habt ihr zuvor in anderen Bands gespielt? Wo habt ihr die Aufnahmen gemacht?

Jeder von unseren Mitgliedern hat bei anderen Projekten mitgewirkt, oder zumindest mit anderen Bands zusammen gearbeitet. Dazu gehören etwas bands wie LA REFORMA, LOS PEREX und 1J4.
Die Lieder des ersten Albums "cuando los mudos hablaron" wurden in Santo Domingo mit unserem Freund Ariel Sanchez aufgenommen. Diejenigen der Split-CD mit TROPIEZO haben wir in einem örtlichen Studio mit dem Namen LA VIDA NEGRA aufgenommen und in Puerto Rico von MONOPOLIO Records mastern lassen.

Was sind die aktuellen Projekte der Band. Spielt ihr auch noch in anderen Gruppen?

Im Moment spielt keines der aktiven Mitglieder in einer anderen Band. Was unsere Projekte anbetrifft, so ist im Moment unser Wunsch, dass unsere Musik in noch mehr Winkeln der Erde gehört wird. Wir sind schon sehr dankbar für die Arbeit, die all die Distros und DIY Label, für den Vertrieb unserer Musik geleistet haben. Aber wir denken dennoch, dass es an der Zeit ist den nächsten Schritt zu wagen und zu versuchen unsere Musik auch live an möglichst vielen Orten zu präsentieren.

Euer Sound erinnert mich ziemlich an SIN DIOS aus Spanien. Wie ist die Beziehung zwischen der Szene in der dominikanischen Republik und der in Spanien?

SIN DIOS sind eine gute Band, die zweifellos eine der Gruppen war, die uns im Aspekt der Musik stark beeinflusst hat. Darüber hinaus hat sie uns vor allem durch ihre Texte des Widerstandes beeinflusst. Wir selbst haben sehr gute Beziehungen mit der Szene in Spanien. Dank unseres Freundes Santi Ric hatten wir die Möglichkeit das Label Asturias Komunika kennzulernen, welches wirklich großartig dafür arbeitet, dass lateinamerikanische Bands in Europa promotet werden. Komunika hat unsere erste CD wiederveröffentlicht und uns auch auf verschiedenen Samplern präsentiert. Ausserdem haben wir sehr gute Beziehungen zu dem Label Sorginkale Banaketak aus dem Baskenland. Eines der Label, die bei der Veröffentlichung der CD "Mal Caribe" beteiligt war.

Und wie steht es mit den Kontakten zu anderen Szenen Latein Amerikas? Oder zu anderen Staaten in der Karibik?

Wir haben wirklich gute Freunde überall in Latein Amerika, besonders aber in Puerto Rico. Dort sind unsere Freunde von Discos de Hoy. Wir haben schon zweimal bei ihnen gespielt. Aber natürlich ist es immer gut seine Kontakte zu verstärken. Es gibt wirklich sehr gute Bands in Latein Amerika, genauso wie in den USA. Ich glaube wir sollten stärker zusammen halten, damit die Subkultur weiter wachsen kann. Wir haben schon Material mit Cryptas Records aus Mexiko, den Venezuelanern von Noseke Records, den Chilenen von Masapunk und der Band Autonomia aus Peru getauscht. Ausserdem haben wir viele gute Kontakte mit Bands und Labels, die aus den USA stammen.

Vielleicht erzählst du uns ein wenig über die Hardcore/Punk Szene der dominikanischen Republik...

Im Vergleich mit Europa oder anderen Teilen Latein Amerikas ist die Szene hier sehr jung. In Santo Domingo existiert Punk seit etwa 10 oder 15 Jahren, aber, wie ich bereits erwähnt habe, war diese Bewegung bis vor kurzem sehr beschränkt und limitiert. Eben auf die Leute, die die Möglichkeit hatten in die erste Welt zu reisen und so zum Fluss der Ideen beitragen konnten. Ende der 90er Jahre ist der Punkt anzusetzen, an welchem die Punkbewegung etwas mehr Stärke gewann. Es formierten sich mehr Bands und es gab mehr Möglichkeiten regelmässig Konzerte zu veranstalten. Der Webauftritt der Seite punkdominicano.com, einer Webseite die sich ausschliesslich dem kreolischen Punk/Hardcore widmet, hat der Bewegung sehr geholfen. Im Jahr 2003 veröffentlichten dann LAR ihrer erste CD. Ein wichtiger Schritt, denn es war das erste Material, welches selbstständig von einer Hardcore/Punk Band veröffentlicht wurde. Auch die Scheiben der Bands SLOGAN, MULLIGAN und PERICLES wurden von einem unabhängigen Label veröffentlicht, welche CHUNG HO Records heisst. Wir betreiben ausserdem einen Vertrieb von DIY Material mit dem Namen GUEBONAZO Distro, welcher sich seit einigen Jahren in der Szene der dominikanischen Republik etabliert hat.

Es wäre auch super, wenn du uns einen Überblick über die aktuelle Situation geben könntest. Ich denke nur wenige Leute in der europäsischen Punkszene kennen sich mit der Situation aus, die derzeit in der dominikanischen Republik herrscht.

Wie der grösste Teil der Latein Amerikanischen Staaten, leidet auch die dominikanische Republik unter grossen Veränderungen in der politischen und ökonomischen Struktur. Die Übereinkunft der finanzierenden Institutionen ALCA, CAFTA und TCL ist so gut wie beschlossene Sache. Dies bedeutet eigentlich nur, dass es noch mehr billige Arbeitskraft geben soll, dass die Steuern und Einfuhrzölle für die großen Importeure wegfallen und dadurch letztlich der Bankrott der lokalen Kleinunternehmen und die Verarmung der Bevölkerung der dominikanischen Republik beschlossen ist.
Anders gesagt ist es ein wichtiges Ergebnis und eines der aktuellen Ereignisse der bekannten imperialistische Politik der USA und ihrem gieriger Hunger danach das Schicksal der Bevölkerung Latein Amerikas zu bestimmen. Viele wissen über die Besetzung der VIeques Inseln in Puerto Rico durch die USA bescheid und vom Gefangenenlager für politische Häftlingen auf der Militärbasis in Guantanamo haben wahrscheinlich auch schon alle gehört. Aber die wenigsten wiessen, dass es hier einen Ort namens Barahona gibt, in welchem die us-amerikanische Armee mit Manövern beschäftigt ist, die darauf ausgelegt sind in Zukunft die Systematisierung der Kontrollmethoden in der amerikanischen Hemisphäre weiter auszubauen. Natürlich alles mit der Bewilligung durch den großen "Herrscher über die Kolonie" Leonel Fernandez Reyna und mit der Segnung durch die heilige katholische Kirche und ihre Kardinäle.

Soso... und wie sieht es mit Aktivismus innerhalb der Punkszene aus?

Obwohl in Santo Domingo nur eine kleine Szene gibt, exisitert eine Bewegung innerhalb des HC/Punk welches sich der Idee des sozialen Wandel verpflichtet fühlt. Bands wei LA REFORMA, 1J4, LAR und einige anderen haben ein lange Tradition innerhalb der Widerstandsbewegung, die isch gegen das System richtet. Damit meine ich politisch-kulturelle Aktivitäten, wie Foren, Theater, Konzerte etc. aber auch Bereiche der direkten Aktion wie Demonstrationen, Kampagnen der Gegeninformation, Proteste, etc. Zudem wurde Mitte 2002 eine politische kulturelles Kollektiv mit dem namen JUVENTUD REBELDE gegründet. Wir sind Mitglieder dieses Kollektiv und haben bisher einige politische Aktionen durchgeführt, uns in den verschiedenen Vierteln der Hauptstadt präsent gezeigt und viele Kampagnen geführt und Grafitis gesprüht...

Die dominikanische Republik teilt sich ja eine Insel mit Haiti. Wie sind die Beziehungen zwischen den beiden Ländern? Wie sieht es aus mit Grenzen, der Armut, etc...?

Die Beziehungen beider Länder befinden sich in einem alarmierenden Zusatnd. Sie sind Produkt von Jahren um Jahren der rassistischen Zusammenstössen und dem systematischen Prozess der Indoktrination, die xenophobe Vorurteile und Hass innerhalb der Bevölkerung beider Nationen gefördert hat. Wie viele wissen werden ist Haiti das ärmste Land innerhalb der amerikanischen Hemispäre. Und die Tatsache, dass sich diese Nation eine Insel mit der dominikanischen Republik teilt hat dazu beigetragen, dass die Migration über die Jahre immer stärker angewachsen ist. Die haitianischen Immigranten werden tagtäglich dank ihrer billigen Arbeitskraft ausgebeutet. Sie leiden unter Aggressionen, Repression und Abschiebung, während andere am Leiden der Haitianer verdienen (vor allem die Besitzer der Industrie, das Baugewerbe und die höhren Ränge der Armee) und unbestraft bleiben. Seit langer Zeit müssen die haitianischen Einwanderer als Sündenbock für die sozialen Probleme der dominikanischen Republik sühnen. Zudem werden die Immigranten durch die Klatschpresse und den Propaganda Apparat der Regierung verteufelt, was dazu führt, dass der Hass und die Diskrimination bis zu einem nicht mehr ertragbarem Niveau angestiegen sind. Erst kürzlich kam es zu Scheußlichkeiten wie Lynchungen, Quälereien und Verbrennungen von Haitianern.

Gibt es also auch einen Rassismus innerhalb der Bevölkerungen?

Absolut. Er existiert nicht nur, sondern ist eine der grundlegendesten sozialen Krankheiten, welche die dominikanische Republik genauso beeinträchtigt wie Haiti. Es ist so, dass wir noch immer unter dem Gewicht von 500 Jahren der Unterdrückung der einen Klasse durch die andere leiden. Rassimus ist einer der Gründe, doch dieses Thema wird in der dominikanischen Gesellschaft noch immer als Tabu wahrgenommen. Hier existiert eine Rassismus der wahrscheinlich genauso oder noch perverser ist, als der der USA und der Rassimus in Europa. Nur wird er hier besser verboren.

Die dominikanische Republik ist hier vor allem wegen des Tourismus bekannt. Was hälst du vom Tourismus?

Wie in vielen anderen Staaten Lateinamerikas ist die ökonomische Struktur Santo Domingos hauptsächlich auf den Tourismus aufgebaut. Im speziellen auf den Tourismus der großen mulitnationalen Hotelketten, welche die Zollfreiheit ins Land brachten. Die ökonomische Abhängigkeit von dieser Industrie hat hier einige ernsthafte Probleme entfesselt, die täglich vergrössern und Teil des Prozesses der "Modernisierung" sind, welche die dominikanische Republik durchmacht. Die Ausbeutung bedroht unsere natürlichen Resourcen, wie etwa durch den Verkauf von bewaldeten Grundstücken, die eigentlich als "Erbe der Nation" eingestuft wurden (so in den Fällen von "bahia de las aguilas" oder "cueva de las maravillas"). Doch das sind die normalen Praktiken der neokolonialen Politik des dominikanischen Staates. Zu diesen Verbrechen kann man die Ungerechtigkeiten dazuzählen, welche die lokalen Angestellten erleiden, die für diese Hotels arbeiten. So zum Beispiel der riesige Unterschied in der Bezahlung der kreolischen Angestellten und den Einkommen der europäischen und nord-amerikanischen Bediensteten. Der Tourimus dient hier nur dazu um die Interessen der ausländischen Investoren zu befriedigen und die Taschen von einigen Staatsfunktionären zu füllen. Der Mythos, dass der Tourismus eine großartige Quelle ist, um Arbeitsplätze zu schaffen und dazu beiträgt die ökonomische Stellung eines Landes zu kräftigen, ist etwas, was wirklich sehr weit von der Realität entfernt ist.

Eure Band hat auch einige Songs gegen die Kirche. Wie stark ist der religiöse Einfluss innerhalb der Gesellschaft der dominikanischen Republik?

Das Christentum ist das Erbe unsere "Vaterlandes". Es ist wirklich eine sehr einfach Sache Songs gegne die christliche Kirche zu schreiben, wenn du aus Lateinamerika bist... 500 Jahre Kreuz oder Rücken! Seit dem Moment, als Columbus den amerikanischen Boden berührte, hat die katholische Kirche dafür gesorgt, dass sich Latein Amerika dem kapitalistischen System unterwirft. Und dabei war es egal, ob die Mittel dies zu erreichen die systematischen Indoktrination oder im schlimmsten Fall der Massenmord war.
Heutzutag sieht die Situation nicht besonders anders aus, als in den dunklen Zeit. Es ist für niemanden ein Geheimnis, welchen hohen Einfluss die klerikalen Hierarchien (Papst, Kardinäle, etc.), auf die Entscheidungen der Regierung und des Staates in der dominikanischen Republik haben. Es existieren nach wie vor Verträge, welche der Kirche zum Beispiel Macht über die Streitkräfte zuweist oder der Kirche große Teile des Staatsgebietes wachen lässt. So wird dafür gesorgt, dass noch mehr Kirchen gebaut werden können. Außerdem engagiert sich die Kirche in der Ausbildung und verteidigt das Recht, Religion in den öffentlichen Schulen zu unterrichten. Es ist schon ein hoher Teil an Indoktrinären Maßnahmen, die zwischen Kirche und dem Staat ausgehandelt wurden.

Wie ist die Reaktion von Punks, wenn du über Religion und Kirche sprichst? Gibt es auch christliche Punks?

Nun, ich werde dir sagen, dass der Größte Teil der Personen, die sich in Santo Domingo als Punks verstehen, gegenüber der Religion absolute Agnostiker, also "Ungläubige" sind. Allerdings muss ich auch sagen, dass die Mehrheit der Jugenlichen, die sich für Punk interessieren aus einer christlichen Familie stammen, wahrscheinlich den größten Teil ihres Lebens regelmäßig in die Kirche gegangen sind und in christlichen Schulen waren. In manchen Fällen ist es also ganz schön schwierig dieses "Klima" zu zerstören.
Soweit ich weiss gibt es aber keine Punks in der Szene, die noch aktiv in der Kriche sind oder zum Gottesdienst gehen. Aber wie ich vorher schon ausdrücken wollte, gibt es eben Personen, die das Christentum als Teil ihres Glaubens sehen.

Noch irgendwelche abschliessenden Worte?

Danke Ingo für das Interview. Und danke an die Szene in Deutschland und Europa. Wir wünschen uns, dass mehr Bands aus Latein Amerika gehört werden, denn auch hier gibt es Punk und antifaschistischen Widerstand. Um unsere Musik zu hören und zu bekommen solltet ihr euch an folgende Seiten wenden:
http://www.pititako.net/verinformatzen.php?codnoticia=1181
http://www.nodo50.org/komunika/

KONTAKT:
larmadaroja@hotmail.com
larmadaroja.cjb.net
http://www.myspace.com/larmada