CARBURETOR
DUNG (Malaysia)
Stell
dich bitte vor.
Mein
Name ist
Joe Kidd, was natürlich nicht mein wirklicher Name ist, aber
dieser Spitzname haftet mir eben an seit ich 13 Jahre alt bin. Ich bin
im Oktober 36 Jahre alt geworden. Im Moment spiele ich in zwei Bands.
Die erste ist Carburetor Dung, die es seit 1991 gibt und sich im
Augenblick im Semi-Ruhestand befindet. Die andere heisst Shitworkers
und wurde zusammen mit Fendi von C.D. 1994 ins Leben gerufen. In
letzter Zeiit haben wir ein paar Konzerte gespielt und planen nun unser
erstes Album aufzunehmen. Außerdem betreibe ich das seit 1992
bestehende Label AGE.
Was
habt ihr bisher veröffentlicht?
C.D.
hat zwei
Kassetten veröffentlicht (ein Album und ein Minialbum),
erschien
auf zahlreichen Sampler rund um die Welt und hat vor ein paar Monaten
eine Single in England heraus gebracht. Mit meinem Label habe ich
bisher nur 4 Kassetten veröffentlicht. Einschliesslich des
C.D.
Minialbums.
Was
bedeutet euer Bandname?
Ältere
Punks erinnern sich vielleicht an den verrückten,
amerikanischen
Musikkritiker Lester Bangs. Sein Schaffen wurde in einem Buch mit dem
Titel ‚Psychotic Reactions and Carburetor Dung‘
zusammen
gestellt. Lester Bangs war nicht einer dieser typischen
Musikredakteure, er war seiner Zeit voraus und unterstützte
alternative, rauhe und gefährliche Bands, statt auf das
Chartsfutter abzufahren. Er starb 1979. Ich habe den Namen
gewählt, weil ich mag was er geschrieben hat und weil der Name
auf
die Leute Bezug nimmt, die wie Scheiße behandelt werden, nur
weil
sie ausserhalb der Norm (der Maschine, the carburetor) leben.
Warum
singt ihr in Englisch?
Wir
haben mal
versucht in unserer Sprache dem Bahasa zu singen, aber es klang
lächerlich und seltsam. Das kommt daher, dass ein grosser Teil
der
jüngerern Generation der Malayen mit einem speziellen,
nationalen
Lehrplan geschult wurden, der hauptsächlich poetisch, weiche
und
entzückende Sprache beinhaltet. Im Gegensatz zum indonesischem
fehlt der malayischen Malay Sprache (bekannt als Bahasa) ein gewisser
Ärger, eine gewisse Wut. Als wir versucht haben in Bahasa zu
singen, hörte es sich an, als ob wir grottenschleche,
romantische
Gedichte singen würden. Ausserdem ist Englisch unsere zweite
Nationalsprache, da wir ja damals von den Briten beherrscht wurden.
Jeder lernt in der Schule Englisch, weshalb es für uns ganz
normal
ist Englisch zu sprechen. Heutzutage kommt es mir vor, als ob ich mich
ohnehin besser in Englisch ausdrücken kann.
Ihr
spielt einen Coversong der Specials. Weshalb hat ihr diesen Song
gewählt? Geht es da um die Musik oder auch um den Text?
Ich
bin mit den
Specials aufgewachsen und liebe ihre Songs. Musikalisch wie textlich.
‚Do nothing‘ stammt von ihrem zweiten Album (das
eher
relaxte Album) welches nie so berühmt wurde. Vor allem nicht
in
Malaysia. Wir haben den Text umgeschrieben und damit die politischen
Krawalle kommentiert, die vor ein paar Jahren n unserer Stadt
stattfanden. Ausserdem ist es eine Reflektion über uns alle,
die
wir ständig sagen, dass uns Politik in unserem Leben sehr
interessiert, dann aber gar nichts tun, um Dinge zu ändern.
Wir
haben eine Version des Songs von SNUFF gehört und entschieden
uns
eine ähnliche verpunkte Version zu spielen, ohne dabei an
SNUFF
heran zu reichen.
Im
Song ‚Wide Awake‘ singt ihr über die
Medien, die
Lügen verbreitet. Gibt es in Malaysia Medien, die die Wahrheit
sprechen?
Es
ist nicht
unbedingt das ‚Wahrheit sagen‘ sondern der Mangel
an freier
Meinungsäußerung in diesem Land. Die Medien werden
restlos
von der Regierung kontrolliert. Jeder Fernsehsender, Radiostation,
Zeitungs oder Magazin, bebnötigt eine Erlaubnis von der
Regierung.
Alle Fernsehsender sind zur Hälfte im Besitz von
Regierungsleuten
und sämtliche Nachrichten sind Regierungspropaganda statt
‚wahrer‘ Nachrichten. Man muss zwischen den Zeilen
lesen
und davon handelt ‚Wide Awake‘. Ich finde, dass
sich viele
von uns dazu entschliessen nicht mehr Zeitung zu lesen oder Fernseh zu
schauen. Ich selbst finde es besser einen kritischen Blick auf die
Medien und ihre Inhalte zu werfen anstatt sie von vorne weg zu
boikotieren.
Wo
bekommst du die richtigen Information her?
Die
richtige
Information ist die, die aus einer Vielzahl von Argumenten besteht und
keinesfalls einseitig ist, wie sie uns in Malaysia vorgesetzt wird.
Heutzutage gibt es eine Vielzahl an alternativen Medien im Malayischen
Internet, welche sich kritisch mit der Regierung auseinandersetzten. Es
ist die einzige Möglichkeit die Politik der Regierung und die
sonstigen Nachrichten aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.
Natürlich muss man trotzdem noch zwischen den Zeilen lesen
aber
immerhin gibt es einen Weg für andere Meinungen.
Erzähl
mir bitte von den frühen Tagen der Malayischen Punkszene.
In
den
Anfangstagen war (und eigentlich ist sie es heute noch) die Malayische
‚Underground‘ Musikszene auf den Central Markt (CM)
konzentriert. Es war eher eine Thrash/Death Metal Szene als eine Punk
oder HC Szene. Punkbands tauchten erst ab 1990 auf. Aber es war eine
super Gemeinschaft, weil alles so klein und eng verstrickt war. Wir
spielten ständig mit Metalbands zusammen und es gab keinerlei
ideologischer Barrieren wie heutzutage. Aber natürlich
hängten sich viele der alten Bands an den Mainstream und
verliessen die Szene.
In
Deutschland ist die Punkrock Szene hauptsächlich in der
Mittleklasse angesiedelt. Aus welcher Schicht stammen die Malayischen
Punks?
Nun,
in Malaysia
gibt es nicht wie in Deutschland eine lange Geschichte von
Klassenteilung und Arbeitertradition. In Malaysia funktioniert die
Unterteilung der Gesellschaft nicht nach einem einfachen Klassensystem.
Im Gegensatz zu Deutschland und vielen anderen europäischen
Ländern war Malaysia nie eine industiralisierte Nation. In
einem
Land, welches von Landwirtschaft getragen wurde, hatten wir die feudale
Trennung in Herrschende und das Volk, die allerdings beendet wurde, als
wir die Unabhängigkeit von den Briten erreichten und eine
parlamentarische Demokratie errichteten.
Im
Moment
besitzen alle mehr oder weniger den selben Stand. Der Hauptunterschied
ist heutzutage die Möglichkeit Bildung zu erlangen. Seit
vielen
Jahren wird das Malaysische Volk durch die zwei Ausbildungssysteme
getrennt. Eines ist die Privatschule, das andere die staatliche Schule.
Normalerweise sind die Privatschulen mit ihren besseren
Lehrplänen, besseren Lehrern usw. priviligiert. Sie erzeugen
eine
nach der anderen Generation von höher Gebildeten, die
beruflich
viel weiter aufsteigen, als viele von denen in den staatlichen Schulen,
die meisten als Staatsbedienstete enden.
Eine
andere
Trennung ist die Sprache. Es ist hier nicht selten der Fall, dass man
einen besseren Job bekommt, je besser man Englisch spricht. Und wo
bekommt man seine guten Englischkenntnisse her? Natürlich von
den
Privatschulen. Das ist also die Linie, die gezogen werden kann. Wie
gesagt hat das eigentlich nichts mit Klassen, Schichten oder
Ständen zu tun.
Für
viele
von uns spielt Bildung und Wissen eine sehr grosse Rolle. Nicht weil
wir uns auf ein Leben als Geldverdiener vorbereiten wollen, sondern
weil wir unsere Lebenserfahrung dafür benutzen wollen um
unsere
Ziele und Lebensvorstellungen durchzusetzen. Es ist schwer zu sagen aus
welcher Bevölkerungsschicht die Punks stammen. Alles was ich
sagen
kann ist, dass es in den letzten Jahren eine Zuwachs an
‚Underground‘ Kids in den Universitäten
und Schulen
gab. Was allerdings nicht bedeutet, dass die Punks hier irgendwie
klüger sind als der Rest der Bevölkerung, den so oder
so ist
das Malayische Ausbildungssystem grosse Scheiße.
Gibt
es denn auch richtig arme Punks? In Deutschland gibt es zum Beispiel
Punks die in den Städten herumhängen und um Geld
betteln.
Gibt es ähnliches auch in Malaysia? Was hälst du von
solchen
Leuten?
Also
arme Punks
gibt es hier nicht. Es gibt einige, die nicht arbeiten wollen und
deshalb ein selbstverschuldetes ‚armes‘ Leben
führen.
Manche würden sogar auf der Strasse schlafen, aber wirklich
arm
sind sie nicht. Es geht da nur um die Tatsache, dass sie nicht arbeiten
wollen. Es ist ihre Wahl so zu leben und deshalb müssen sie
mit
den Konsequenzen einen niedrigen Lebensstandart zu haben, leben.
Meisten leben diese Leute von ihren Eltern oder ihren Freunden und das
kann ich natürlich überhaupt nicht leiden. Im
Gegensatz zu
zum Beispiel England, wo man Stütze bekommt, gibt es hier kein
Sozialhilfesystem. Hier muss jeder arbeiten. Es sei denn er ist
behindert oder zu alt. Und Jobs gibt es genug, selbst wenn viele dieser
Arbeiten einfach Scheiße sind. Ich finde das ist keine
Entschuldigung für gesunde Leute nicht zu arbeiten und von
ihren
Freunden oder Familien zu leben. Ich verstehe es, dass viele
Anarchopunks denken, dass der Staat ihnen ein Leben schuldig ist und
sie deshalb alles daran setzten um von Sozialhilfe zu leben. Wenn diese
Leute im selben Moment ihre Energie dazu verwenden würden, um
Dinge wie FNB, Gemeinschaftsarbeit, etc. zu unterstützen, dann
fände ich das gut. Aber solang sie leben ohne der Gesellschaft
in
irgend einer Form Energie zurück zu geben, dann sind sie
für
mich eigentlich nur Parasiten. Warum? Weil sie von den Menschen leben,
die sich tatsächlich den Arsch aufreissen um ein gutes,
produktives Leben zu führen. Ich denke auch, dass Sozialhilfe
die
Leute dazu bringt faul zu werden und ihr wahres Potential an Idealismus
und Kreativität oder was auch immer, nicht zu erkennen. Ich
höre immer wieder, dass die meisten Leute nur
rumhängen, sich
glücklich fühlen und aufhören zu leben.
Im
Booklet eurer Kassette schreibt ihr: ‚Minimiert eure
Beteiligung
an ihrer Kultur der Ausbeutung‘. Sprecht ihr da von
Amerikanisierung oder Konsum im allgemeinen?
Ich
denke von
mir selber, dass ich ein ganz normaler Mensch bin, der sein Leben im
betäubenden Griff des Kaptialismus führt. Ich
bezeichne mich
selbst nicht als Anarchist, Sozialist oder sonstwie. Ich bin einfach
nur ein ganz normaler Mensch mit all seinen Fehlern,
Widersprüchen
und Schwächen. Ich arbeite für meine Miete und mein
Essen,
was mich davon abhält andere Dinge zu tun, die ich gerne
machen
würde. Im besonderen Musik, Schreiben und Kunst. Als normaler
Mensch mit meinem noramlen Fernseher, Zeitungen und Magazinen werde ich
ständig mit attraktiver, blendender Werbepropaganda und
politischen Manövern bombardiert. Die endlose Promotion
zugunsten
des blinden Konsums und der Steigerung der Ignoranz. Das ist es, was
ich als ‚Kultur der Ausbeutung‘ bezeichne. Das ist
nicht
nur ein Amerikanisches Phänomen, den dazu ist es viel zu
universell. Wenn man in einem kapitalistischem System wie dem unseren
lebt, hat man keine Möglichkeit sich vollständig von
diesem
zu lösen. Es sei den du gründest eine
Selbstversorgergemeinde
im Dschungel von Borneo. Aber dann warte ab, bis die Bulldozer
kommen...Der einzige Weg um sich zu wehren und zurück zu
schlagen
ist es, seine Ansprüche herabzusetzen, seine wirklichen
Bedürfnisse zu erkennen und sich weit möglichst aus
dem
Konsum und der Beteiligung an diesem System heraus zu halten.
Was
tust du, um deine Beteiligung zu minimieren? Was wäre das Ziel
deiner Bemühungen?
Ich
sehe das
viel Leute leben und dabei solch übertriebene Vorstellungen
von
lebensnotwenidgen Dingen haben und dabei immer noch nach mehr und immer
mehr schreien, ohnen dass ihnen dieses wirklich noch irgendwelche
merklichen Vorteile bringen würde. Ich sehe auch, dass sich
viele
Leute an die ‚Trendkultur‘ verkaufen, was nichts
anderes
bedeutet als die eigene Unsicherheit auszunutzen zu lassen. Diese
Menschen sollten das erkennen und Grenzen setzen, um zwischen
wirklichen Bedürfnissen und
‚Lüsten‘ zu
unterscheiden. Mein Ziel ist recht schnell erklärt. Ich
möchte, dass die Menschen hier vorsichtiger werden und
über
die Dinge, die ihnen vorgesetzt werden nachdenken. Es gibt hier so
viele Leute die einfach blind das tun, was ihnen gesagt wird. Ich
möchte sensible Entscheidungen statt blinder Akzeptanz.
Im
Booklet steht auch: schöne Grüße an alle
echten
Szeneleute (DIY oder nicht). Macht es für dich wirklich keinen
Unterschied ob jemand im Sinne von DIY handelt oder nicht?
Im
Gegensatz zu
vielen Leuten, die sich selbst in eine Gruppe von Leuten
zurückziehen und sich dann entweder
‚Anarchopunks‘,
‚Veganer‘ oder ‚Straight Edger‘
nennen, sehe
ich mich selbst als einen unter vielen, der in dieser völlig
normalen Gesellschaft lebt. Ich habe keine Lust wegzulaufen und mich
von dieser Welt zu verstecken. Ich bin hier und ich werde hier mein
Leben leben. Ich nehme es an und versuche Dinge zu ändern, die
ich
nicht für gut halte. Ich steure meine Ideen und meine Kraft
dazu
bei, diese Welt zu verbessern.
Von
diesem
Standpunkt aus betrachtet, kann ich die Leute, die nicht im DIY Sinne
agieren, nicht aus meinem Leben verbannen. Die Bedeutung von DIY ist
ohnehin immer unterschiedlich. Es kommt immer darauf an, welches
Individuum damit in Verbindung gebracht wird. Wie also sollte man eine
klare Linie ziehen? Ja, DIY ist mir sehr sehr wichtig aber ich streube
mich dagegen es als noch eine Mauer zu sehen, die mich
einschließen soll.
Es
gibt doch
genügen Leute, die in ihrer eigenen Weise ehrlich, aufrichtig
und
vertrauensvoll sind. Manche von denen haben sogar die selben
Vorstellungen und Ziele wie all dieser DIY-Punks. Sie tragen eben nur
nicht diese Uniform und verhalten sich nicht so, wie wir es tun. Ich
glaube, dass die Menschen sich oft in völlig unterschiedliche
Richtungen bewegen, aber trotzdem genau das selbe Ziel haben.
Und
selbst wenn
sie mit dem Teufel spielen, mit ihrer ‚Mainstream‘
Existenz
erreichen sie vielleicht viel mehr Leute, als wir es uns jemals zu
träumen wagen. Und vielleicht haben sie auch einen Einfluss
auf
diese Leute. So lange sie aufrichtig bleiben und wünschen eine
bessere Welt, ein besseres Leben für uns alle zu schaffen,
dann
bin ich auf ihrer Seite.
Du
betreibst auch ein Label. Erzähl doch mal ein bisschen.
Es
ist eines
dieser einfachen, kleinen DIY Label. Es besteht seit den
frühen
90er Jahren aber ich muss sagen, dass ich sehr wenig
veröffentlicht habe. Ich bin nicht der beste Manager und
verliere
deshalb immer Geld und so. Es gibt also wenig
Veröffentlichungen,
die alle in großem Abstand zu einander erschienen.
Deine
Veröffentlichungen hatten immer völlig verschiedene
Stile.
DAMAGE DIGITAL unterscheiden sich zum Beispiel komplett von CARBURETOR
DUNG oder den PILGRIMS. Ist die Szene in Malaysia nicht in Crust, Punk,
Oi!, Hardcore, usw. aufgeteilt, wie in Europa oder Amerika?
Wahrscheinlich
bin ich einfach nur einer dieser seltenen Typen, die in Punkrock mehr
sehen als nur einen einzigen Musikstil. Ich höre sehr viel
verschiedene Arten von Musik und das Label spiegelt einfach meinen
Geschmack wieder. Natürlich gehört mein Herz
hauptsächlich dem Punkrock aber ich habe keine Lust dazu Punk
als
etwas streng definiertes zu sehen. Deshalb halte ich Ausschau nach
Bands, die versuchen ein bisschen anders zu sein als der
übliche
Stil. Als Punkrock in den späten Siebzigern entstand gab es
zahlreiche Stile und es veränderte sich durch
herumexperimentieren
ständig etwas daran aber heute hat Punk oder Hardcore einen
Punkt
erreicht an dem man sich mit einem sehr beschränkten Mass an
Kreativität begnügt. Das ist beschissen! Ich mit
Punkrock
auf, der ständig sich ständig weiter entwickelte und
bewegte.
Heute ist daraus ein weiteres statisches Ding geworden, was deinen
Musikgeschmack nicht herausfordert.
Heute
habe ich
mir diesen klassischen Sampler ‚This is ALF‘
angehört,
der seinerzeit von Mortarhate Records veröffentlicht wurde.
Dort
sieht bzw. hört man mal wie sich alle beteiligten Bands
kreativ
betätigen um Punkrock neue Bereiche zu öffnen. Das
ist es,
was diese Bands so herausragend machte und was ihnen den Erfolg
bescherte. Heutzutage kann ich zu Konzerten gehen und alle Bands haben
genau den selben Sound und sehen auch noch gleich aus – sehr
traurig. Weißt du, ich könnte zum Veranstaltungsort
gehen,
mir eine Band anschauen und wieder gehen, denn ich weiß ja
ganz
genau, wie die anderen Bands waren. Ist das Punkrock? Wenn ja, dann
will ich eigentlich kein Teil von Punkrock mehr sein.
Was
denkst du sind die grössten Unterschiede zwischen der Szene in
deinem Land und der westlichen Punkszene?
Viele
Leute der
Asiatischen Rockszene schauen zu Amerika, England und Europa auf. Sie
erhoffen sich Inspiration und Wegweiser. Sie denken, dass die
westlichen Punks, die ‚echten‘ Punks sind und
vergessen
dabei manchmal, dass es Gebiete gibt welche völlig andere
Herangehensweisen und Sichtweisen erfordern als in der westlichen Welt.
Außerdem
fördern manche Leute diese
‚Heldenverehrung‘ indem sie
eben alles nur als eine Teenagerphase sehen, oder sich zumindest so
verhalten. Manche der sogenannten Anarchopunks verhalten sich genauso
wie ein gewalttätiger Mob von Holzköpfen. Wie auch
immer
Punkrock Stile sind, hier wird oft alles nur als Mode gesehen. Ich bin
mir sicher, dass das andernorts nicht anders ist. Ich selbst mag
einfach nette und ehrliche Leute. Mir ist es wirklich
scheißegal
ob jemand Punk ist oder nicht. Ein Arschloch ist nunmal ein Arschloch,
egal ob Punk oder Hardcore oder was auch immer daraufsteht.
Hat
der Islam einen grossen Einfluss auf Punk und Hardcore? Soweit ich
weiß gibt es zahlreiche Gläubige in der Malayischen
Punkszene. Was hälst du davon?
Die
meisten
Leute in der Szene sind Moslems und lass dir da bloss nichts anderes
erzählen. Ich bin Moslem und glaube an die Existenz von Gott.
Mein
Problem mit Religion ist sicher nicht Gott, sondern die Organisation
der Religion. Diese sinnlosen Regeln, die Unterdrückung und
all
der ganze andere Scheiß. Wie auch immer, viele Leute in der
Malayischen Szene sehen die Dinge nicht so!!! Sie sind viel zu verwirrt
und verängstigt als dass sie die Idee der Punkrock Befreiung
mit
dem Islam konfrontieren würden. Sie schweigen sich also
über
den Widerspruch aus Punk und gleichzeitig Moslem zu sein. Eine einfach
Methode den Dreck unter den Teppich zu kehren.
Erzähl
mir bitte etwas über die Nazibands in Malaysia. Vor welchen
Gruppen müssen wir uns in acht nehmen?
Elemente
des
Nationalsozialismus, Faschismus und Rassismus begannen sich in der
lokalen Punkszene durch die Ankunft solcher Filme wie ‚Romper
Stomper‘ zu festigen. In der Presse gibt es auch
beständig
Sensationsberichte über Neonazis in Europa und den USA. Dies
trägt zur Entwicklung der Nazis, die es seit 1996 gibt bei. In
den
letzten Jahren gab es immer wieder ‚Punk‘ Bands mit
Irokesen und Lederjacken (und das bei der knallheißen Sonne)
die
Hakenkreuze auf ihrer Kleidung trugen. Sie haben ihre eigenen Cliquen
und veranstalten ihre eigenen Konzerte, selbst wenn das heutzutage
äußerst selten ist.
Für
manche
von uns sind das einfach nur Modepunks die denken, dass Hakenkreuze
cool sind. Allerdings gibt es durchaus ernst zu nehmende Anteile an
‚Malaypower‘ in manchen dieser Bands. Weiterhin
gibt es
auch Skinhead und Oi!-Bands mit nationalistischen Tendenzen. Ich habe
schon oft Gerüchte gehört, das diese Nazipunks und
‚Malay-Power‘-Skinheads Immigranten aus Bangladesh
oder
Pakistan verprügeln. Vor zwei Jahren habe ich gehört,
dass in
Singapur zwei Inder von solchen Typen umgebracht wurden.
Hier
also mal
eine Liste an Bands von denen man seine Finger lassen sollte, da es
Nazipunks sind, die sich selbst als ‚Northern Riot
bezeichnen.
Die Bands sind folgende: The Expired, Acid Rain, Spider War, GAS,
Lunatic Chaos, The Karatz, The Conclusion, The Revolt, Social Silent,
The Confute und mehr. Das sind mal die Bands, die ständig
Konzerte
machen. Im Bereich ‚Nationalistische Skinheads‘ ist
wohl
The Official aus Johor Bahru im Süden die wichtigste Band. Es
gibt
noch mehr solcher Bands, man sollte generell besonders vorsichtig sein,
wenn man es mit Skinheadbands zu tun hat. Natürlich gibt es
hier
auch coole Skins in Kuala Lumpur.
Kommen
wir mal zurück zu deinem Label? Was für Auflagen
produzierst du und wo verkaufst du die Tapes?
Ich
vertreibe
meine Kassetten in allen Plattenläden im ganzen Land nur nicht
bei
TOWER Records oder anderen dieser großen Musikgesellschaften.
Um
das zu schaffen muss ich mindestens 1000 Stück pro Tape
herstellen
lassen. CARBURETOR DUNG hat allerdings mehr als 1000 Kassetten
verkauft. Das erste Album welches 1993 erschien hat sich mehr als 10000
mal verkauft. Unser derzeitiges Album ‚The Allure of
Manure‘ hat sich bisher 4000 mal verkauft. Sieht so aus, als
hätten wir etwas richtig gemacht. Ich verkaufe die Kassetten
auch
auf Konzerten und durch meinen Mailorder, wo es die Kassetten fast zum
halben Preis des üblichen Ladenverkaufspreises gibt. Leute aus
dem
Ausland können Kassetten für 5 US Dollar inklusive
Porto
bestellen.
Was
hast du für Pläne mit dem Label?
Wie
ich schon
vorher sagte bin ich ziemlich schlecht darin mir Zeit und Arbeit
einzuteilen, deshalb werde ich das Label mit Hilfe von ein paar Freunde
neu strukturieren. Wir werden keine hohen Auflagen mehr produzieren, da
das einfach zu viel Geld verschlingt. Wir werden mehr Kassetten
produzieren aber in geringeren Auflagen. Wenn wir früher 1000
Stück machten, denn werden wir uns jetzt auf 500 oder 300
beschränkten. Als nächstes kommt das Album der
Shitworkers
und eine Kassette der argentinischen Band Fun People.
Außerdem
werden wir das nächste Album der englischen Band
‚Annalise‘ machen. Wenn ihr tolle Bands kennt oder
als
Label mit uns zusammen arbeiten möchtet, dann meldet euch
einfach.
So,
vielen Dank
für dein Interesse an meinen Gedanken. CARBURETOR
DUNG’s
‚Sheepfarming in Malaysia‘ 7“ ist im
Tausch gegen
anderes Zeug bei uns erhältlich oder kann für 3 US
Dollar bei
unserem guten Freund Ben in London bestellt werden. Seine Adresse
lautet folgerndermaßen: HIDEOUS RECORDS, PO BOX 22016 Brixton
D/O, London SW2 2WE, UK. Oder schreibt ihm erst: staraflegma@hotmail.com
Unsere
Adresse ist:
Joe
Kidd, 14A Bukit Ceylon, 50200 Kuala Lumpur, Malaysia
dungboy@rocketmail.com
http://dungpeople.port5.com
Grüße
an alle!